Vampirgruft

 

 
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(Anm.: Dieser Text entstand vor etlichen Jahren, spiegelt aber auch heute noch meine Einstellung und Sichtweise wider).
 

In der Vergangenheit (als mein Styling deutlicher als heute in diese Richtung ging) wurde ich immer mal wieder angesprochen und gefragt, warum ich "schwarz" (also "Grufti" / "Gothic") bin; was das "Gothic-Sein" für mich bedeutet und wie ich dazu gekommen bin. Deshalb habe ich diese Seite mit meinen Gedanken hierzu erstellt.  Ich kann dabei wohlgemerkt lediglich für mich selbst sprechen. "Die schwarze Szene" ist einfach viel zu facettenreich und vielschichtig, als dass man sie verallgemeinern könnte. Möglicherweise haben manche eine ganz andere Ansicht hierzu, und das ist auch OK. Wäre dem nicht so, ginge einfach das Individuum in der Masse unter - und das kann schließlich nicht unser Ziel sein.

© Andy Winkler© Andy Winkler© Andy Winkler
Fotosession für Xtra-X, Mitte der 90er
 

Entstanden ist die Gothic-Szene ursprünglich einerseits aus der Punkbewegung, andererseits aus der New Wave-Szene in England, in der jegliche Mystik anfangs überwiegend Mode und Styling war. Mit der Zeit entwickelte sich daraus eine eigene Gruppe, in der hinter dem Aussehen mehr steckt, als auf den ersten Blick vielleicht ersichtlich ist.

Es gibt derart viele Bezeichnungen für uns (Goth / Gothic / Grufti / Gruftie / Schwarzer / Wave / Waver / Darkwave / Dark-Waver / New Romantic / Endzeit-Romantiker / Batcaver...), aber letztendlich beschreiben sie im Großen und Ganzen zumindest Ähnliches.

Ich bin selbst ein Teil dieser Szene, betitle mich in der Regel allerdings eher selten mit "Gothic". Wenn eine Bezeichnung, dann vielleicht am ehesten "Schwarz mit pinken Streifen" ;-)
All diese Zuschreibungen pressen einen Menschen für mich letztendlich zu sehr in irgendwelche Schubladen, in die ich definitiv nicht gänzlich reinpasse und die zudem oftmals mit vielen Vorurteilen belastet sind. So genannten "Gruftis" wurden und werden manchmal die seltsamsten Dinge unterstellt - sie seien Satanisten, Grabschänder, chronisch depressiv, hingen ständig nur auf Friedhöfen rum, schlafen in Särgen - und was weiß ich noch alles. Doch das stimmt einfach so nicht. Sicherlich gibt es vereinzelt auch solche, jedoch stellen sie schließlich nicht die Szene als Ganzes dar; wenngleich dieser (meiner Ansicht nach deutlich kleinere) Teil für die Medien leider weitaus interessanter ist. Solche voreingenommenen Aussagen wie eben genannt sind schlichtweg undifferenziert und oberflächlich. Im Übrigen: ich mag die ruhige Atmosphäre von alten Friedhöfen, auch aus fotografischer Sicht; aber deswegen habe ich dort noch lange nicht mein Wohnzimmer aufgebaut.

"Schwarz" bin ich jetzt bereits seit rund 35 Jahren. Ich hatte damals (Ende der 1980er) privat und emotional eine wirklich sehr schlechte Zeit, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte - das würde auch den Rahmen sprengen. Jedenfalls führte dies dazu, dass (damals) die Farbe schwarz ein Begriff für meine Trauer und meine inneren Schmerzen wurde - und dem entsprechend trug ich meine Kleidung. Dadurch traf ich erstmals in Kontakt mit Gothics (sie sprachen mich auf der Straße an) und fand dort bereits nach kurzer Zeit etwas, was mir bisher in dieser Form fremd war und wonach ich im Grunde immer suchte: Zusammenhalt, Verständnis, Akzeptanz. Ich fand in dieser Szene etwas, das mir die Welt von einer anderen, einer positiveren Seite zeigte. Und ich merkte, dass schwarz sehr wohl etwas Positives ausdrücken kann! Im Übrigen war es die schwarze Szene, in der ich nie Probleme mit meiner Homosexualität hatte. Sie wurde dort von Anfang an einfach als etwas Normales akzeptiert und war kein Anstoß für Missachtung und Unverständnis (wie ich es teils anderswo erlebt habe).
Darüber hinaus fand ich mich oftmals auch in den Texten der Musikrichtungen Gothic, Darkwave & Dark Elektro wieder (mal davon abgesehen, dass mir die Musik schlichtweg auch gefiel).

Ein mancher wird sich vielleicht fragen, wie es mit Dingen wie z. Bsp. dem Tod ist - immerhin ein Thema in der schwarzen Szene. Doch es kommt immer darauf an, von welcher Seite man etwas betrachtet.
Erstens: Ich habe mich mit dieser Thematik auseinandergesetzt und sie ist mir somit nicht mehr so fremd. Dadurch kann ich dem Sterben und Tod, wenn es irgendwann einmal so weit ist, ein stückweit angstfreier entgegentreten, als wenn ich diese Thematik verdrängen würde.
Und zweitens: Der Tod bedeutet für mich nicht "Ende", sondern der Beginn von etwas Neuem. Wie und in welcher Form, kann ich nicht sagen; denn ich kann logischerweise nicht einschätzen, ob ein Jenseits, Wiedergeburt oder was auch immer besteht oder möglich ist. Doch an eines glaube ich: Dass meine Energie nach meinem Sterben in irgend einer Weise erhalten bleibt. Ob bewusst oder unbewusst oder in welcher Form - auch das kann ich nicht beantworten. Doch ich glaube, mit meinem Tod wird etwas Neues entstehen.

Und letztendlich ist der Tod nur EIN Begleitthema von vielen in dieser Szene.
Anm.: Dass ich persönlich eine gewisse Affektion und Affinität zu "düsterer Atmosphäre" habe, kann ich allerdings nicht leugnen. Tatsächlich mochte ich schon als Kindergarten- und Grundschul-Kind Friedhöfe, Grusel-Deko und verwilderte Ruinen sowie alte Frankenstein- und Vampirfilme; warum auch immer. Während andere Eltern mit ihrem Kind deshalb womöglich zum Psychologen gegangen wären, hatte ich das Glück, dass mein Adoptivvater das stets locker sah und mich (entsprechend meiner Wünsche) sogar mit allerlei Gummi-Skeletten, Plastik-Totenschädeln, Chemiekästen usw. für mein (sicherlich nicht ganz alltägliches) Kinderzimmer versorgt hat. Diesen Einrichtungsgeschmack habe ich übrigens bis heute beibehalten. ;)

Ebenso ist es mit dem Glauben. Ich persönlich glaube weder an irgendeinen Gott, noch an "den Teufel" - beide sind für mich schlichtweg nicht existent. In jeder Person ruhen positive & negative Stimmungen, Charakterzüge und "Energien"; welche dieser "Energien" stärker zum Vorschein kommt und genutzt wird, liegt meiner Meinung nach letztendlich zum großen Teil an einem selbst.
Ob jemand nun an eine wie auch immer geartete "höhere Macht" glaubt oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden und für sich selbst herausfinden. Ich habe im Grunde mit keinem Glauben irgendwelche Probleme - solange dieser nicht auf Zwängen aufgebaut ist sowie nicht die Persönlichkeit & den freien Willen des Einzelnen untergräbt. Genau dies ist jedoch leider bei vielen Religionen (besser gesagt in der Form ihrer Umsetzung) der Fall. Und spätestens dort hört für mich die Toleranz und mein Verständnis auf. Nur ein Beispiel zur Verdeutlichung: Es gibt derart viele unterschiedliche Völker auf der Erde und ebenso unzählige verschiedene Religionen, Glaubensrichtungen und religiöse Abspaltungen. Wie kommen da manche Menschen dazu, sich die dreist und ignorant herauszunehmen, dass gerade ihr Glaube der einzig wahre sei? Zumal aufgrund von Veränderungen, Anpassungen und Vermischungen in den letzten Jahrhunderten heute wohl kaum noch irgendeine Religion in ihrer "Urform" besteht. Wenn jemand von etwas als "gut und richtig" überzeugt ist, versucht er in der Regel, auch andere davon zu überzeugen - aber mit welchem Recht geschieht dies bitte mit Dogmen, Zwang und Drohungen? Dies nur als Anmerkung an die (in meinen Augen fehlgeleiteten) "Hardcore-Christen", die mich von Zeit zu Zeit mit ihren "liebevollen" Emails beglücken. Ihr steht damit christlichen Grundprinzipien wie "Nächstenliebe" selbst entgegen - und darüber solltet ihr vielleicht mal ernsthaft nachdenken. Aber das nur als Randbemerkung.

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Es liegt keinesfalls in meiner Absicht, hier alle Kirchen, Christen, Religionen oder Gläubigen über einen Kamm zu scheren! Der Glaube gibt schließlich vielen Leuten Kraft, Halt, Trost und Energie - und somit ist der Glaube etwas Wichtiges und Wertvolles (und auch in der "schwarzen Szene" gibt es, entgegen mancher Vorurteile, gläubige Menschen). Aber wie einzelne Personen oder manche Glaubensgruppen ihre Religion für Macht und Propaganda regelrecht missbrauchen, ist mir einfach zuwider.

Aber zurück zum Thema; eigentlich will ich hier ja darüber schreiben, was das "Schwarzsein" für mich persönlich bedeutet.
Nun, im Gesamten ist es für mich ein Ausdruck meiner Seele, meiner Gedanken und Empfindungen.
Heute verbinde ich mit schwarz nicht mehr nur Negatives, im Gegenteil! Schwarz ist ein Teil meines Lebens geworden und ich lebe gerne. Ich besichtige oft Burgen, treffe mich mit Freunden und Bekannten, reise, fotografiere viel und schreibe ab und zu Gedichte und Kurzgeschichten, in welchen ich meine Gedanken und Gefühle ausdrücke. Ich denke schon, dass ich von Zeit zu Zeit vielleicht etwas nachdenklicher bin, als manche andere. Aber über etwas nachzudenken heißt auch, sich damit auseinanderzusetzen, sich mit etwas zu befassen. Und wenn ich dies z. Bsp. mit meinen Ängsten und Gefühlen tue, hilft es mir schließlich dabei, mit diesen etwas besser umgehen zu können.

"Schwarz" zu sein bedeutet für mich nicht Resignation, Depression oder negatives Denken. Es bedeutet für mich vielmehr, sich auch an kleinen Schönheiten erfreuen zu können und auch ein Stück Freiheit. Nicht so zu sein, wie jeder andere auch. Ich möchte ICH SELBST sein können. Und schwarz an sich empfinde ich zudem auch schlicht als schön!

Darüber hinaus verbinde ich mit dem "schwarzen Gefühl" auch eine gewisse Romantik - oder zumindest das, was ich persönlich unter anderem als Romantik empfinde: gewisse Stimmungen, verwilderte Burgruinen, das warme Licht flackernder Kerzenflammen, buntes Blattlaub von Wäldern im Herbstnebel, der Duft nach einem Regenschauer und vieles mehr.

Ein Wunsch oder Grundgedanke der schwarzen Szene war es, nicht in Kälte und Oberflächlichkeit zu versinken. Und wenn man sich umschaut wird man sehen, dass egoistisches Scheuklappendenken leider immer öfter zu finden ist. Die Menschen gehen konform mit Normen, ohne für sich deren Inhalt und Sinn zu hinterfragen. Sie jagen Konsum hinterher und haben verlernt, auch die kleinen Dinge des Lebens zu sehen und zu schätzen. Kleine Schönheiten, die alltäglichen Wunder - zum Beispiel die Natur. Viele Menschen haben verlernt Gefühle zu zeigen oder diese überhaupt offen zuzulassen. Und das ist für mich mit ein Grundgedanke des "Schwarz-Seins" - eben so nicht zu sein.
Im Grunde nichts Sensationelles; ich stehe lediglich zu meinem eigenen Stil, meinen Ansichten und meinen Gefühlen. Und mit diesen möchte ich auch akzeptiert werden. So wie ich andere Menschen akzeptiere; egal, ob diese nun bunt oder grau rumlaufen.

Es heißt immer, mein Äußeres sei ein Auflehnen gegen die Gesellschaft. Doch zur Gesellschaft gehöre auch ich! Es ist eher mein Widerstand gegen die Kälte mancher Menschen. Das drückt sich teilweise auch in meinem Make up aus: hell geschminkte Haut mit schwarzen Augen und Lippen, mal bunter Lidschatten, mal Verzierungen und Ornamente. Gebräunte Haut wird oftmals gleichgesetzt mit Erfolg, Leistung und Schönheit. Dagegen wehre ich mich etwas, denn das Aussehen ist nicht nur zweitrangig, sondern sagt auch nicht zwangsläufig etwas über den Charakter eines Menschen aus. Meine hell gepuderte Haut hat aber auch noch einen anderen Grund: Vom 15. bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert galt weiße Haut in der oberen Adelsschicht als edel. Und ich empfinde es an mir auch heute noch als edel - ebenso wie zum Beispiel meine Kleidung aus Samt. Darüber hinaus hat blasse Haut auch etwas Vampireskes.

© Andy Winkler

Schwarz zu sein bedeutet für mich, nicht abzustumpfen und die Gefühle, den Glauben und Willen eines Jeden zu respektieren - solange er dies auch bei anderen tut! Ich muss nicht jedes Verhalten und Handeln anderer verstehen und respektieren können - aber ich akzeptiere es, solange ein Mensch andere mit seinem Verhalten und Handeln nicht unterdrückt, ungerechtfertigt einengt oder verletzt.

Auch auf die Frage, welche Reaktionen ich auf mein Styling bekomme und wie ich damit umgehe, möchte ich noch kurz eingehen.
Offen bekomme ich eigentlich relativ wenig negative Resonanz auf mein Aussehen. Unter der Woche trage ich zwar gern auch schwarze oder dunkle Kleidung, bin aber weder geschminkt, noch gestylt. Das kann ich alleine schon wegen der Arbeit nicht machen und hiervon abgesehen, wäre es mir für jeden Tag auch definitiv zu aufwendig.
Meist sind die Reaktionen eher neugierig-interessiert und solche sind mir auch am liebsten, weil man sich dann mit den Leuten unterhalten kann und so zumindest die Möglichkeit gegeben ist, Vorurteile abzubauen. Natürlich bekomme ich auch mal 'nen dummen Spruch zu hören (meist leider von Ausländern, was für mich um so unverständlicher ist, da sie selbst Akzeptanz & Toleranz für sich fordern und selbst oftmals mit Vorurteilen zu kämpfen haben). Ich versuche aber meist, solche Sprüche weitestgehend zu ignorieren und Ärger aus dem Weg zu gehen.
Denn ich sehe mein Outfit nicht als Provokation, sondern lebe damit lediglich meine persönlichen Einstellungen und meinen Geschmack!

Daher auch eines meiner Lebens-Mottos: Ich bin nicht auf dieser Welt, um so zu sein, wie andere mich gertne hätten.

© Andy Winkler, www.Gruft-der-Vampire.de

© Andy Winkler
Mit Robert Smith / The Cure, 2002


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